18. Januar – 15. Februar 2017, Frankfurt
In der zweiten von insgesamt vier Vortragsreihen haben wir im Jubiläumsjahr das Thema „Mensch“ aufgegriffen. Kaum ein Thema fasziniert uns so sehr wie die eigene Herkunft und ist in Zeiten sich weltweit ausbreitender populistisch-rassistischer Tendenzen gleichzeitig so gut geeignet, Vorurteile abzubauen, wie ein umfassendes Wissen über unsere gemeinsamen Wurzeln. Hierbei geht es nicht allein um die Entwicklung des menschlichen Körpers, seiner Anpassungen und Leistungsfähigkeit. Entscheidend ist vielmehr die Entwicklung geistiger, kultureller und emotionaler Fähigkeiten, die letztlich Verhaltensweisen wie Kooperation und Altruismus hervorgebracht haben. Die Vortragsreihe von Goethe-Universität und Senckenberg rückte die menschliche Evolution als Ganzes in den Fokus und brachte große Köpfe und neue Ideen zu diesem Thema nach Frankfurt: Die Referentinnen und Referenten stellten neue Erkenntnisse zur körperlichen Entwicklung von Homo sapiens wie auch zur Entwicklung menschlichen Denkens, der Gefühle und des Bewusstseins für Kunst und Ästhetik vor.
18. Januar 2017
The skin of Homo sapiens: The evolution of our interface
with the world
Prof. Dr. Nina Jablonski, Pennsylvania State University, State College
Die menschlichen Hautfarben faszinieren die Menschen seit Jahrhunderten. Sie stellen eine biologische Anpassung dar, die das Eindringen von UV-Strahlung in die Haut reguliert. Die Evolution der menschlichen Hautfarbe zeigt beispielhaft, wie Evolution durch natürliche Selektion vorangetrieben wird und den menschlichen Körper beeinflusst. In der Geschichte des Homo sapiens ist die Pigmentierung der Haut ein sich stets wandelndes Merkmal, das zeigt, dass die Verwendung der Hautfarbe für eine Klassifizierung des Menschen nicht geeignet ist – und dass die soziale Bedeutung, die der Hautfarbe noch immer beigemessen wird, keine wissenschaftlichen Grundlagen hat.
25. Januar 2017
Jäger und Künstler: Warum der Neandertaler ausstarb und die Kunst entstand
Prof. Dr. Nicholas J. Conard, Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Der Neandertaler bewohnte Europa bis vor 40.000 Jahren. In dieser Zeit wanderte der moderne Mensch aus Afrika in Europa ein und löste den Neandertaler ab. Aus jener Zeit vor 40.000 Jahren sind zum ersten Mal figürliche Kunst und Musik dokumentiert. Die besten Belege für frühe Kunstwerke und Musikinstrumente stammen dabei aus vier Höhlen der Schwäbischen Alb in Süddeutschland. Der Vortrag schildert, warum Kunst und Musik entstanden sind, und erklärt, warum die archäologische Forschung in den Höhlen der Schwäbischen Alb für die Frage nach deren Anfängen von so großer Bedeutung ist. Diese Erkenntnisse basieren auf Ausgrabungen, die sich über zwei Jahrzehnte erstrecken.
08. Februar 2017
Ständchen, Schlaflied oder Kriegsgeschrei? Theorien zum Ursprung der Musik und ihrer Funktion für den Menschen
Prof. Dr. Melanie Wald-Fuhrmann, Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik, Frankfurt
Warum gibt es Musik? Und was ist Musik eigentlich? Mit diesen Fragen beschäftigen sich Wissenschaftler bereits seit vielen Jahren. Schon in den Mythen und Legenden vieler Völker weltweit wurden diese Fragen aufgegriffen und auf oft erstaunlich ähnliche Weise beantwortet. Zur Erklärung ihres Ursprungs und Wesens gehört immer auch eine Bestimmung ihrer Funktionen. Fünf Funktionen, die am intensivsten als möglicher Ursprung der Musik diskutiert wurden und werden, sollen im Vortrag zur Sprache kommen. Dabei gilt es, Argumente und Erkenntnisse aus so verschiedenen Disziplinen wie Evolutionstheorie, Biologie, Sprachwissenschaft und Psychologie zusammenzutragen und gegeneinander abzuwägen.
15. Februar 2017
Podiumsdiskussion mit Impulsvorträgen
Ein neuer Blick auf Homo sapiens – die Zukunft des Menschen
Moderation: Joachim Müller-Jung, FAZ
Evolution in die Zukunft: Warum spielt der Evolutionsgedanke in den Geistes- und Kulturwissenschaften bislang eine eher untergeordnete Rolle? Welche Zukunft geben uns die evolutionären Rahmenbedingungen des Menschen vor, und sind wir uns dieser „Grenzen“ bewusst? Was können – und dürfen – wir in Zukunft tun? Brauchen wir ein neues „evolutionäres Selbstverständnis“, um die Herausforderungen des Anthropozäns zu bewältigen?
Diskussionsteilnehmer: PD Dr. Miriam N. Haidle, Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Prof. Dr. Annette Kehnel, Universität Mannheim, Prof. Dr. Dr. h.c. Volker Mosbrugger, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, Frankfurt, Prof. Dr. Hans-Dieter Mutschler, Hochschule Ignatianum, Krakau.
Abbildung: Senckenberg und fotolia